Sonntag, 17. April 2011

Die Pfarrkirche St. Ägidius in Schiefling

Der Weg nach Schiefling:
Alle Wege führen nach Rom, nicht aber nach Schiefling. Mit dem Auto leicht erreichbar, gibt es aber immerhin auch einige attraktive Wanderwege dorthin. Einer davon ist der Auenweg. Nach dem Restaurant Zoitl in Wiesenau biegt man in die "Steinbruchstraße" ein, bis zur Abzweigung nach Mauterndorf bzw. Schiefling.
 
 
Nun weiß ich auch wo der Osterhase seine frischen Eier holt. In solch schöner Umgebung leben auch glückliche Hühner, das weiß auch er und wartet schon aufgeregt darauf, schließlich muß er sie ja auch noch anfärbeln.
 
Wenn man sich bei diesen Bauernhof links hält, kommt man direkt zur Straße nach Schiefling. Heute am Palmsonntag war der Raunzer nach der Palmweihe in Bad St. Leonhard auch bei der Palmprozession in Schiefling dabei.

Am Westrand des schmucken Berdorfes steht die Pfarrkirche St. Ägidius.
Anlässlich der Jahreshauptversammlung unserer Schieflinger Trachtenkapelle besuchte ich schon dieses Barockjuwel. Angetan von den Kunstschätzen in der schön restaurierten Kirche suchte  ich vergeblich nach Literatur über deren Baugeschichte. In Hw.Otto Thonhauser, ehemaligen Pfarrer von Schiefling fand ich einen profunden Kenner der Materie, der mir liebenswürdigerweise einen schönen Baubericht verfasste, den ich in den folgenden Beitrag einfließen ließ.
Entstehung und Entwicklung:
Der Ort Schiefling wird bereits im Jahre 1234 urkundlich erwähnt, die Pfarre Schiefling vor 1417. Der Pfarrhof wird 1462 genannt, in dieser Urkunde wird auch ein Probsthof erwähnt, der an den Pfarrhof angrenzt und samt der Pfarre zum Bistum Lavant gehörte. Die Zeit der Kirchengründung ist unbekannt.
Hervorstechend ist der mächtige, im Kern gotische Turm mit einem schönen spätgotischen Portal und seitlichen Fialen über Figurennischen. Das Blendmaßwerk im Tympanon wird bekrönt von Krabben und einer Kreuzblume.


















An den Westturm wurde das Kirchenschiff in der Ostrichtung angebaut. Es ragt nur unwesentlich über den 8-metrigen Turm hinaus.
Erste Vergrößerung:
Zur Pfarrkirche erhoben, erfolgte die Vergrößerung des Kirchenschiffes. Die Mauer der Nordseite wurde abgebrochen und weiter hinaus verlegt. Dadurch wurde der Dachgiebel höher, deshalb wurde das Mauerwerk des Turmes um 10 m erhöht.
Angebaut an die Südseite des Langhauses ist eine zweigeschossige Sakristei mit barocker Giebelfassade.
An der Ostseite befindet sich die halbrunde eingezogene Apsis, oben mit Rundbogen- unten mit rechteckigen Fenstern.
Im Inneren der der Kirche wurde der alte gotische Eingang vermauert und am Rande des Turmes ein neuer Eingang ausgebrochen, damit man in die Mitte der Kirche kommt.Eine Flachdecke wurde eingezogen und auf jeder Seite waren vier Fenster mit Oberlichten.

Die Stiege rechts führt zur Orgelempore und weiterhin auf den Turm der Kirche.

Für den Organisten, die Sänger und Sängerinnen sicher jedesmal ein abenteuerlicher Aufstieg.
 

Weiters auf der linken Seite des Turm-Erdgeschosses eine schöne Darstellung der Geburt Jesu. Bemerkenswert ist dabei, wie ein Hirte dem Jesuskind ein Ei darreicht. Lange hat sich der Brauch erhalten, dass Bäurinnen am Christtag ein Ei in die Krippe legen.
Zweiter größerer Umbau:
Mitte des 18. Jahrhunderts wurde die Kirche barock umgestaltet. An den Seiten wurden Pilaster aufgeführt, zur Stützung des eingezogenen Gewölbes, welches die Flachdecke ersetzte.Dafür mussten alle Oberlichten zugemauert werden und die Fenster wurden verkleinert. Die rückwärtigen Fenster verschwanden, weil zwei Emporen aufgeführt wurden. Die Westempore trägt ein Kreuzgratgewölbe mit Pfeilern, in der Mitte ein Gemälde des Erzengel Michael, darübergebaut eine zweite, etwas zurückgesetzte Empore mit stark vorschwingender Brüstung und der Orgel,die aus der Firma Ferdinand Schwarz aus Graz stammt und eine hohe Klangqualität aufweist.


An der Südseite mussten überdies zwei Fenster Platz machen für die Kanzel und den neuen Sakristeieingang.
Über der Sakristei wurde noch ein Oratorium errichtet. Über dem Eingang zur Sakristei hängt das Rosenkranzbild der einstigen Rosenkranzbruderschaft, die von Josef II verboten wurde.


 Vorne wurde eine Apsis errichtet, mit zwei Fenstern und zwei Oberlichten.
 
Nach der Fertigstellung dieser großen Umgestaltung in eine Barockkirche erfolgte die Weihe am zweiten Sonntag nach Ostern. Dieser Tag ist im Bewusstsein der Bevölkerung erhalten geblieben und so wird heute noch der zweite Sonntag nach Ostern als "Schieflinger Kirchtag" gefeiert. Möge diese Tradition weiter erhalten bleiben.
Ausstattung der Kirche:
Über einen neugestalteten und seitlich verschobenen Eingang betritt man das saalartige barocke Langhaus mit Tonnengewölbe, durch Stichkappen und stark hervortretende Wandpfeiler in 4 Joche geteilt.


Durch einen schmalen rundbogigen Triumphbogen betritt man die Apsis mit dem Hauptaltar.
Die Apsis besitzt halbrunde, das Langhaus rechteckige Fensteröffnungen.
Die einheitliche spätbarocke Einrichtung aus dem ersten Viertel des 18. Jh.ist mit reichem bemerkenswerten Skulpturenschmuck ausgestattet. Die gesamte Einrichtung stammt vom Kunsttischler Matthias Zill aus Völkermarkt, einer der begabtesten Barockkünstler Kärntens.
Der Hauptaltar:
Am Hauptaltar ist der hl. Ägidius als Kirchenpatron dargestellt. Über ihm der hl. Josef als zweiter Kirchenpatron. Links der hl. Andreas, rechts der hl. Augustinus, Heilige, die auf die enge Verbindung mit der Bischofskirche St. Andrä hinweisen. Der hl. Ägidius kam im 7. Jahrhundert von Athen ins Rhonetal in Südfrankreich, wo er in der Einsamkeit des Waldes als Einsiedler lebte. Eine Hirschkuh hat ihn in seiner Höhle ernährt. Der König wollte die Hirschkuh schießen, diese flüchtete aber in die Höhle zu Ägidius und als der König einen Pfeil hineinschoss, traf er den Ägidius. Der König wollte das Mißgeschick gutmachen und erbaute auf Wunsch des Ägidius ein Kloster, dessen erster Abt er wurde. Es wurde auch eine große Kirche erbaut, in deren Ktypta Ägidius, der am 1.9.720 starb, beigesetzt wurde. Der Ort heißt auf französisch "St. Gilles" und war im Mittelalter einer der berühmtesten Wallfahrtsorte, weil er auf dem Weg nach Santiago de Compostella lag. Deshalb verbreitete sich der Ruf des hl. Ägidius rasch in ganz Europa. Ägidius zählt zu den 14 Nothelfern, er wird auch als Patron der Jäger und Bauern verehrt und ist Patron von Kärnten und Steiermark.



Die Seitenaltäre:
Rechts ist der Kreuzaltar. Als liebliches Detail hat der Künstler einen weinenden Engel dargestellt, der sich mit
einem Tüchlein die Tränen abwischt. Oben sind die beiden Valentine dargestellt, Valentin von Rätien und Valentin von Terni.
Der Marienaltar links zeigt eine schöne sitzende Madonna mit dem Jesuskind und zwei Rosenkranzheilige, den hl. Dominikus und die hl.Angela Merici, Gründerin des Ursulinenordens.
Bis zur Liturgiereform des II.Vatikanischen Konzils wurde die Kanzel von den Priestern regelmäßig für ihre Predigten benützt. Zwei vergoldete Allegorische Reliefs und die vier Evangelisten zieren den Korb.
Die Rückwand trägt die Wappenkartusche vonFranz Xaver Breuner, Fürstbischof von Lavant,
Die Engel auf dem Schalldeckel symbolisieren die dreigöttlichen Tugenden: Glaube, Hoffnung und Liebe.
Erwähnenswert ist auch der Taufstein aus dem 17.Jh mit einem reich verziertem barocken Holzdeckel,
 Die Konsolstatuen im Langhaus: Links die hl. Barbara - Schutzpatronin der Bergleute und
der hl. Johannes Nepomuk, der wegen der Wahrung des Beichtgeheimnisses von König Wenzel in Prag von der Karlsbrücke in die Moldau geworfen wurde und seither als Brückenheiliger gilt.
Auf der rechten Seite: Der hl. Petrus Canisius, des zweiten Apostel Deutschlands nach den Stürmen der Reformation und die Märtyrerin Katharina von Alexandria mit dem Rad und Schwert.
 
Bemerkenswert ist auch der eiserne Opferstock aus der Zeit um 1900 neben dem Aufgang zum Chor sowie die Kreuzwegbilder im Langhaus und auf derWestempore, französische Malerei, entstanden um 1740.
Restaurierung im 20. und 21. Jahrhundert:
Die Restaurierungen zwischen 1947 und 1970 waren alle negativ. Man hat die barocke Struktur der Kirche nicht berücksichtigt. Färbige Glasfenster ohne künstlerischen Wert machten die Kirche dunkel. Der Kirchenboden wurde mit Bruchmarmorplatten ausgelegt. Bischof Dr. Egon Kapellari hat diesen Boden einmal treffend als Badezimmerboden bezeichnet. Neue Kirchenbänke wurden angeschafft, ohne die geschnitzten Wangen der alten Bänke zu verwenden.
1987/89 wurde die Kirche außen restauriert. Kirchenschiff und Turm erhielten ein historisches Lärchenschindeldach. Das gesamte Mauerwerk wurde neu aufgeputzt und dem Baustil entsprechend gefärbelt. Bei der Firma Graßmayr in Innsbruck wurde eine fünfte Glocke mit einem Gewicht von 1600 kg angeschafft. Ebenfalls wurde eine elektrische Turmuhr installiert, Kostenpunkt 2,7 Millionen Schilling, wovon die Pfarrgemeinde 2,2 Millionen spendete.
Im Jahr 2008 musste die zweitgrößte Glocke nach einem Sprung ersetzt werden. Die Glocke wurde ebenfalls von der Firma Graßmayr geliefert und kostete 20.000 Euro. Dafür spendeten wiederum drei Bauern je 6000 und ein anderer 2000 Euro. Im Jahr 2009 wurde die Kirche mit großem Aufwand entfeuchtet und auch due Vorhalle mit einem entsprechenden Boden neu versehen.
2010 erfolgte der Einbau der Barockfenster und neuer Türen durch die Tischlerei Gottfried Kriegl aus Bad St. Leonhard und die Färbelung der Kirche. Auch bei diesen Vorhaben hat sich die Pfarrgemeinde großzügig gezeigt und damit ihren Glauben und ihre Liebe zu ihrer Kirche unter Beweis gestellt.




4 Kommentare:

  1. Hallo Raunzer! Deine Berichte finde ich ja fast immer super. Aber der ist ja echt ein kleines Juwel! Wie lange hast denn dafür gebraucht? So was schreibt sich ja nicht in 5 Minuten. Jedenfalls bin ich froh, dass sich jemand für die Geschichte der näheren Heimat interessiert und aufbereitet. Da sieht man wieder, wieviele Kulturschätze es in nächster Umgebung gibt. Man muss nur die Augen offen haben. Oder jemanden, der sie einem dafür öffnet. Danke dafür!

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  2. Respekt lieber Raunzer, für die ausführliche Recherche und Berichterstattung über das kulturelle Geschehen in unserem Dörfchen und dessen Kirche. Es war mir immer schon Anliegen mehr über unsere Kirche und deren Geschichte zu erfahren, umso mehr freut sich mich, unerwartet und überrascht zu diesen Informationen gekommen zu sein. Die Kirche ist ein wahres Schmuckstück und die Restaurierungsmaßnahmen sind voll gelungen. Der düstere und fast beklemmende Eindruck im Innenraum hat sich zu einem hellen, klaren und freundlichen Gesamteindruck gewandelt.
    Und wenn, wie alle im Gemeinderat vertretenden Parteien versprechen, das leidige Projekt Dorfplatz auch noch in Angriff genommen wird, sind wir wieder ein schmuckes und besuchenswertes Dörfchen.
    Danke nochmals für diesen Beitrag, der bestimmt, wie im vorhergehenden Kommentar erwähnt, einiges an Zeit in Anspruch genommen hat. Aber alles was man gerne macht, macht man gut. Ich wünsche dir weiterhin viel Freude mit deinem Blog.
    Liebe Grüße aus Schiefling

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  3. Damit nicht der Eindruck entsteht, ich möchte mich mit fremden Federn schmücken, möchte ich noch einmal erwähnen,dass wie eingangs schon erwähnt, die Recherchen hauptsächlich Hw. Otto Thonhauser gemacht hat.Auf meine Anfrage hin hat er mir einen schönen und ausführlichen Bericht über die Entstehung und Entwicklung seiner ehemaligen Pfarrkirche zukommen lassen. Nochmals vielen Dank dafür. Ich habe lediglich den Bericht und die Bilder zu einer Einheit verschmolzen.

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  4. KeineswegsKeineswegs entsteht hier der Eindruck, dass sich hier jemand mit fremden Federn schmückt, außer du hast auf dem Weg nach Schiefling eines der Hühnchen gerupft, die dir über den Weg gelaufen sind. :o)
    Wer als nicht Hw. Otto Thonhauser, könnte besser über unsere Kirche Bescheid wissen, dem ebenso Dank gebührt, dieses Wissen wiederum mit deiner Hilfe öffentlich bekannt zu machen

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